Einblick //Von Patenkindern und Hörgängen
Die Aufgaben der Lehrer der Musikschule sind zwar verschieden von denen der Philharmoniker, aber sie arbeiten gewissermaßen an derselben Sache. Was liegt näher, als eng zusammen zu arbeiten und die beiderseitigen Stärken zu gemeinsamem Nutzen und zum Vorteil aller Musikliebenden einzusetzen?
Als Ende der 90er Jahre bei den Stuttgarter Philharmonikern der Gedanke aufkam, die eigenen Kinder- und Familienkonzerte in einen größeren Zusammenhang zu stellen und mit den musikpädagogischen Angeboten der Musikschule zu verbinden, entstand im Jahre 2000 das erste Stuttgarter Musikfest für Kinder und Jugendliche. Schnell war klar, dass man auch die Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst mit ins Boot nehmen sollte. Die drei Institutionen zusammen repräsentieren schließlich musikalische Bildung von der Früherziehung bis zum Berufsmusikertum in all ihren Phasen. Und das Musikfest, das seither alle zwei Jahre von den drei Institutionen zusammen mit vielen Partnern veranstaltet wird, beweist, wie viel Leben in dieser Beziehung in Stuttgart herrscht. Inzwischen ist bereits das achte Musikfest vergangen, und wir bereiten gemeinsam das neunte vor.
Seither hat sich noch viel mehr getan in den Beziehungen zwischen Musikschule und Philharmonikern. So verbindet beispielsweise das Jugendsinfonieorchester (JUSO) seit 2007 eine „tutti pro“-Orchesterpatenschaft mit den Philharmonikern („tutti pro“ ist eine gemeinsame Initiative der Deutschen Orchestervereinigung (DOV) mit den Jeunesses Musicales Deutschland (JMD) und dem Verband deutscher Musikschulen (VdM)). „Tutti pro“ dient der Förderung der allgemeinen musikalischen Bildung und der musikalischen Nachwuchsförderung. Ziel der Initiative ist die Zusammenführung von Berufsorchestern und Jugendorchestern. Im Rahmen dieser Patenschaft stellen sich Musiker der Philharmoniker als Mentoren zur Verfügung und geben den Mitgliedern des Jugendsinfonieorchesters praktische und theoretische Hilfestellung beim Musizieren im Orchester. Die Berufsmusiker leiten Registerproben der jungen Musiker, die Philharmoniker helfen mit Notenmaterial aus. Das Jugendsinfonieorchester wiederum spielt jährlich ein Konzert im Rahmen der Reihe „Lauschangriff – Stuttgarter Jugendkonzerte“ der Philharmoniker. Das sind immer ganz besondere Situationen im Gustav-Siegle-Haus, denn die Mitglieder des JUSOS und ihr Leiter Alexander Adiarte denken sich in diesem Zusammenhang immer neue Formen der Präsentation und Darbietung ihrer Musik aus und bewerben sich damit um den Deutschen Jugendorchesterpreis der Jeunesses Musicales. Höhepunkte der Patenschaft sind sicher die gemeinsamen Auftritte des JUSO mit den „Philis“, zum Beispiel zu den Eröffnungskonzerten der Musikfeste, bei denen jeweils Mitglieder der beiden Orchester gemeinsam an den Notenpulten spielen. Solch eine Zusammenarbeit ist, so glaube ich, für beide Seiten eine Bereicherung, denn sie bringt „Paten“ und „Patenkinder“ nicht nur musikalisch einander näher, sondern sie stellt auch menschliche Kontakte her, die zwischen einzelnen Mentoren und Schülern oft jahrelang andauern. Das merken wir Philharmoniker beispielsweise daran, dass immer wieder Schüler der Musikschule ihre BOGY-Praktika im Gustav-Siegle-Haus absolvieren, wo die Philharmoniker ihren Sitz haben.
Leute, die das Stuttgarter Publikum kennen, bescheinigen den Philharmonikern immer wieder, sie hätten, verglichen mit vielen anderen, ein besonders junges Publikum. Das liegt sicher auch an einer weiteren Verbindung, die seit einigen Jahren besteht, am sogenannten Hörgang. Wenn größere Gruppen von Musikschülern gemeinsam in Konzerte der Profis gehen, dann fördert das sicher auch ihre musikalische Bildung, ihr Gemeinschaftsgefühl und ihre Motivation fürs eigene Musizieren. Uns Philharmonikern aber geben sie die Gewissheit, dass wir ein interessiertes Publikum für unsere Musik aus allen Generationen haben und dass es auch künftig ein Publikum geben wird, das die musikalische Arbeit ein- und wertzuschätzen weiß. Ich freue mich, dass der Hörgang zu den Philharmonikern so gut ankommt und dass die Vorgespräche mit Solisten unserer Konzerte mittlerweile so gut besucht werden!
Auch in Zukunft wollen wir, Musikschule und Philharmoniker, gemeinsame Projekte verwirklichen – die Zusammenarbeit tut allen gut!