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Veranstaltungsdaten
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Enthüllungen (9)

Einführung um 19 Uhr

Infos für Schüler, Lehrer und Einsteiger

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Suite h-Moll

Honegger
Danse de la Chèvre

Brahms
Ungarische Tänze

Sibelius
Valse triste

Strauss
Tanz der sieben Schleier aus Salome

Bernstein
Symphonic Dances aus West Side Story

Wie vor der Allmacht die Hüllen fallen…

„Mariechen tanz!“, befiehlt der Major in der Festsitzung des närrischen Komitees. Das Ritual spült alte Machtstrukturen an die Oberfläche. Wer „die Puppen tanzen lässt“, der hat etwas zu sagen. Findet ein solcher Tanz vor einem Mann mit großer Machtfülle statt, kann es vorkommen, dass die Tänzerin auf kunstvolle Weise alle Hüllen fallen lässt. Salome, die einst vor dem König Herodes tanzte, erreichte durch ihre Darbietung, dass ihr wunschgemäß der Kopf des Propheten Jochanaan auf einer Silberschüssel überreicht wurde. Für einen Moment hatte der Herrscher im Erregungszustand seine Kontrolle und Souveränität verloren und den folgenschweren Befehl erteilt.

Die Enthüllung durch das Entfernen textiler Elemente versetzt aber allem Anschein nach nicht nur irdische Paschas in Verzückung. Heißt das, auch im Himmel werde der Blick von hindurch schimmernder Haut angezogen? Wie beim Verhältnis von Untertan und Souverän soll es - vom dunklen Erdboden hin zur Sonne -  offenbar ein fortschreitendes Nacktwerden geben. Der alte Kirchenlehrer Origenes etwa schreibt: „Alles, in der Tat, ist hier [im Verhältnis des Menschen zum Göttlichen] nach oben gestuft, […] alles von der verhüllenden Niedrigkeit zum strahlenden Taborlicht, zum Durchsichtigwerden der Gewänder.“

Transparente Wäsche scheint der himmlischen Allmacht aber nicht zu genügen. In den Visionen der Mechthild von Magdeburg aus dem 13. Jahrhundert, einer Schrift mit dem Titel „Das fließende Licht der Gottheit“ dürfen wir folgenden Dialog belauschen: „Was gebútest du, herre?“ [fragt die weibliche Seele den König des Himmels] – „Ir sont úch usziehen!“ „Herre, wie sol mir denne geschehen?“ „Frow sele, ir sint so sere genatúrt in mich, das zwúschent úch und mir nihtes nit mag sin.“ Wer nichts zu verbergen hat, darf sich auch im Himmel getrost – enthüllen.

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